Colloque – Katechismen im Spätmittelalter. Inhalte – Formen – Funktionen

Katechismen sind in ihrer jahrhundertelangen Bedeutung für die Vermittlung religiösen Elementarwissens, für den sittlich-moralischen Unterricht und nicht zuletzt für das konfessionelle Selbstverständnis kaum zu überschätzen. Ihre primäre Funktion ist es, die Gläubigen in Fragen des Glaubens, des Gebets und in ethischen Normen zu unterweisen und so zu einem gottgefälligen Leben zu befähigen. Gleichzeitig wohnt ihnen ein enormes disziplinierendes Potenzial inne, das weit in die intimen Bereiche des familiären Zusammenlebens, der Lebensführung und der Sexualität eingreift.

Unter dem Einfluss der spätmittelalterlichen Frömmigkeitstheologie setzt im 14. und 15. Jahrhundert eine verstärkte Produktion katechetischer Medien in den Volkssprachen ein. Dabei lässt sich eine Pluralisierung ihrer Formen sowie ein Experimentieren mit katechetischen Inhalten, ihrer Gewichtung und ihrer Anordnung beobachten. Das Spektrum spannt sich von simplen Übersichten des zu Erlernenden über Einzelauslegungen und bildliche Darstellungen bis hin zu breit ausgearbeiteten Traktaten, in denen die Gesamtheit der katechetischen Lehrstücke nicht nur detailliert und strukturiert erfasst, sondern auch erläutert, exemplifiziert und hierarchisiert wird.

Trotz ihrer entscheidenden Mittlerfunktion wurden Katechismen des Spätmittelalters bislang nur randständig erforscht. Damit einhergehende Fragen etwa nach dem religiösen Wissen breiter Bevölkerungsschichten oder nach dem Zusammenspiel von Katechese, Rhetorik und Literatur sind noch zu großen Teilen unbeantwortet. Die Tagung setzt hier an und nimmt katechetische Medien des späten Mittelalters sowie ihre Transformation in Konfessionskatechismen am Übergang zur Frühen Neuzeit in den Blick. Im Zentrum stehen dabei katechetische Traktate, aber auch Predigten, Lyrik, religiöses Schauspiel und bildliche Darstellungen. Ziel der Tagung ist es erstens, anhand prägnanter Beispiele exemplarisch zu erarbeiten, an welche Medien und Formen, Inhalte und Funktionen katechetische Unterweisung im Spätmittelalter gebunden war. Zweitens soll ein Beitrag zur interdisziplinären Erschließung katechetischer Medien und ihrer diskursiven Bandbreite geleistet werden. Zu fragen ist drittens nach der Persistenz spätmittelalterlicher katechetischer Inhalte und Vermittlungsformen in Katechismen des 16. Jahrhunderts.

Programme :

Donnerstag, 10. April

13.00–13.15 Magdalena Butz: Begrüßung und Eröffnung

Moderation: Marco Heiles
13.15–14.00 Sabine Griese: Einfache Formen der Katechese im 15. Jahrhundert. Zehn Gebote und Ägyptische Plagen als ABC der Menschenpflichten

14.00–14.45 Kristina Domanski: Katechese im Bild. Die Zehn-Gebote-Tafel des Johannes Lupi und ihr mediales Umfeld

Moderation: Paul Schweitzer-Martin
15.15–16.00 Gunther Wenz: ‘Meus Dominus’. Die Auslegung der drei ersten Hauptstücke in Luthers Katechismen

16.00–16.45 Isabelle Mandrella: Visuelle Belehrung im Frauenkloster: Der Philosophieteppich von Heiningen

Moderation: Susanne Reichlin
16.45–17.30 Klaus Wolf: Multimediale Katechese für ‘illitterati’. Zum fakultätsübergreifenden frömmigkeitstheologischen Programm der spätmittelalterlichen Wiener Schule

19.00 Volker Leppin: Katechismen rund um Luther. Reformatorische Transformationen einer Gattung 1500–1535

Freitag, 11. April

Moderation: Julia Burkhardt
09.00–09.45 Pavlína Rychterová: Nach dem Sturm: Neue Konzepte der religiösen Erziehung im hussitischen Böhmen in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts

09.45–10.30 Rita Voltmer: Katechese im Kontext polit-theologischer Reform. Johannes Geiler von Kaysersberg und die ‘correctio’ der Straßburger Stadtgemeinde

Moderation: Michael Waltenberger
11.00–11.45 Magdalena Butz: ‘lernen’ und ‘bîhten’. Zur Rolle der Beichtpflicht in spätmittelalterlichen Katechismen

11.45–12.30 Lydia Wegener: ‘Ach hertzen liben kint, huttent euch mit fleis vor vns beichtiger’. Die Problematik des unzuverlässigen Ratgebers in der spätmittelalterlichen Katechese

Moderation: Agnes Rugel
14.00–14.45 Jonathan Reinert und Isabell Väth: ‘Adonay, gewaltiger herre’: Eine spätmittelalterliche Vaterunserauslegung als Handbuch des geistlichen Lebens

14.45–15.30 Jana Jürgs: Katechese durch Paränese – ein lübisches Stundenbuch für den Hansekaufmann, Mohnkopfoffizin 1508

Moderation: Beate Kellner
16.00–16.45 Stefan Abel: ,Gelegenheits-ʻ und ,Stellvertreter-Katechese‘ – die Tradition geistlicher Fürstenunterweisung bei Johannes (Rothuet) von Indersdorf

16.45–17.30 Klaus Unterburger: Die Katechismen des Petrus Canisius zwischen spätmittelalterlicher Frömmigkeit und antiprotestantischer Abgrenzung

Samstag, 12. April

Moderation: Hannah Michel
09.00–09.45 Pia Fuschlberger: Der katechetische Prolog zwischen Sicherheit und Herausforderung: Wieviel Katechese ist genug? [Gemeinsame Lektüresitzung]

09.45–10.30 Michael Lebzelter: Katechese performativ: Katechetische Unterweisung im religiösen Schauspiel vor und nach der Reformation

Moderation: Matthias Knallinger
11.00–11.45 Maximilian Kinder: Glaube und vertraue! Transformationen einer katechetischen Kollokation bis Martin Luther

11.45–12.30 Nikolina Hatton: A Readerʼs Response: Anne Southwellʼs Seventeenth-Century Decalogue Poetry

12.30–13.00 Abschlussdiskussion

Informations pratiques :

10.– 12. April 2025

Exerzitienhaus Schloss Fürstenried
Forst-Kasten-Allee 103, 81475 München

Source : LMU München

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Réseau des médiévistes belges de langue française
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