Die Tagung nimmt den sogenannten Liber Pontificalis und damit ein Schlüsseldokument europäischer Geschichte in Spätantike und Mittelalter in den Blick. Die sukzessiv gewachsene, offiziöse Sammlung römischer Bischofsgesta ist bekanntlich nicht nur eine, wenn nicht sogar die zentrale Quelle für die spätantike, früh- und hochmittelalterliche Papstgeschichte, sondern auch unverzichtbar für die Erschließung der Geschichte der Stadt Rom. Das Bischofsbuch gewährt darüber hinaus Einblicke in die ærömische Wahrnehmung und Beurteilung von Ereignissen und Entwicklungen im gesamten christlichen Europa. Mit der Tagung wird eine umfassende Würdigung dieses über Jahrhunderte gewachsenen Werks als Ganzes angestrebt. Zugleich soll die Bündelung und Weiterführung verschiedener epochaler, thematischer und methodischer Schwerpunktsetzungen ermöglicht werden. So soll die Konferenz zu einem umfassenden Verständnis von Genese, Funktion, Nutzung, Rezeption und Verbreitung von Textinhalten und Handschriften sowie Rom- und Papstbildern beitragen und auf diese Weise die Bedeutung des Liber Pontificalis für die Geschichte des Papsttums und Europas neu, umfassend und differenziert erörtern.
Dazu werden in der ersten Sektion neuere Diskussionen über die Genese und Funktion(en) früher Textschichten sowie zugrunde gelegte Quellen und redaktionelle Techniken aufgegriffen. Die zweite Sektion lenkt den Blick auf Erweiterungen und Verwendungen des Buchs im gesamten europäischen Frühmittelalter. Innerhalb der dritten Sektion liegt der Fokus auf hochmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wiederaufnahmen und Rezeptionen des Werks. Die vierte Sektion (die aufgrund des unerwarteten Tods Rudolf Schieffers auf einen Vortrag beschränkt bleiben muss) thematisiert schließlich die forschungsgeschichtlichen Voraussetzungen der bis heute maßgeblichen Editionen Louis Duchesnes und Theodor Mommsens aus dem späten 19. Jahrhundert.
Indem die Tagung namhafte Liber Pontificalis-Expertinnen und Experten und einschlägige Nachwuchsforscherinnen und -forscher aus mehreren europäischen Ländern zusammenbringt, kann sie einen wesentlichen Anstoß für die Neuedition des Textes auf der Basis heutiger textkritischer Paradigmen und Methoden geben und die Konzeption neuer Forschungsprojekte zum Themenkomplex anregen.
Programme :
Mittwoch, 21. November 2018
17.30 h Begrüßung und Einführung
18.00 h Rosamond McKitterick (Cambridge) – The early medieval manuscript dissemination of the Liber Pontificalis and its possible implications
20.00 h Gemeinsames Abendessen der Referenten
Donnerstag, 22. November 2018
Erste Sektion: Genese und Funktion(en) früher Textschichten
09.15 h Andrea Antonio Verardi (Rom) – Ricostruire dalle fondamenta: l‘origine poligenetica del Liber Pontificalis romano e le sue implicazioni storiche ed ecclesiologiche
10.10 h Matthias Simperl (Augsburg) – „Quaestio grauissima et perplexa“: Zur Rekonstruktion der frühen Redaktionsgeschichte des Liber Pontificalis
11.00 h Kaffeepause
11.30 h András Handl (Leuven) – „Hic constituit…“: Bischöfliche Bestimmungen im präkonstantinischen Abschnitt des Liber Pontificalis
12.20 h Eckhard Wirbelauer (Straßburg) – Der Liber Pontificalis und die symmachianisch-laurentianischen Documenta
15.30 h Stefan Heid (Rom) – „Hic fecit ordinationes“: Die Weihestatistiken des Liber Pontificalis und die Kirchenorganisation Roms
Zweite Sektion: Von der Urbs zum Orbis – Quelle und Erinnerungsträger
16.20 h Vera von Falkenhausen (Rom) – Die Darstellung der griechischen Gemeinden in Rom im Liber Pontificalis
17.10 h Kaffeepause
17.40 h Lidia Capo (Rom) – Il Liber Pontificalis, la Chiesa Romana e il rapporto con il potere publico
18.30 h François Bougard/Bruno Bon (Paris) – Le Liber Pontificalis et ses auteurs au IXe siècle: enquête stylométrique
Freitag, 23. November 2018
09.15 h Veronika Unger (Erlangen) – Verwendung und Aufbewahrung des Liber Pontificalis im neunten Jahrhundert
10.10 h Carola Jäggi (Zürich) – Die Bedeutung des Liber Pontificalis für die frühchristliche Archäologie und die Kunstgeschichte
11.00 h Kaffeepause
11.30 h Michael Brandt (Hildesheim) – „in angulo obscurissimo“: Das Gemmenkreuz der Sancta Sanctorum – ein Fallbeispiel
Dritte Sektion: Kontext, Vergleich und Rezeption
12.20 h Michel Sot (Paris) – Le liber pontificalis romain, est-il le prototype des gesta episcoporum?
13.10 h Mittagspause
15.30 h Knut Görich (München) – Papstgeschichtsschreibung im Zeichen des Schismas: Die Papstviten des Kardinals Boso
16.20 h Thomas Kieslinger (Rom) – Der Liber Pontificalis und der Liber Censuum als Fundgrube: Zur Rezeption von Papstviten in einer hochmittelalterlichen Papstliste
16.50 h Heinrich Heidenreich (Frankfurt am Main) – „Ut Leoninum cursum reduceret“: Pandulphus und die Renaissance leoninischer Klauseltechnik in Urkunden Urbans II.
17.20 h Pause
17.50 h Stefan Bauer (York) – The Book of Pontiffs in the Renaissance: Platina, Panvinio and their Critics
Vierte Sektion: Forschungsgeschichte
18.30 h Andreas Sohn (Paris) – Louis Duchesne und der Liber Pontificalis
Samstag, 24. November 2018
09.30 h Kulturelles Programm – Besichtigung der Chiesa Nuova, des Oratoriums und der Biblioteca Vallicelliana (Führung durch Chiara Cecalupo, PIAC)
18.00 h Öffentlicher Abendvortrag des RIGG
Klaus Herbers (Erlangen) – Das Buch der Päpste: Der Liber Pontificalis – ein Schlüsseldokument europäischer Geschichte
Anschließend Empfang
Informations pratiques :
21.11.2018 – 24.11.2018
00120 Città del Vaticano
Römisches Institut der Görres-Gesellschaft, Campo Santo Teutonico
Veranstalter : Prof. Dr. Klaus Herbers, FAU Erlangen-Nürnberg; Matthias Simperl, Universität Augsburg
Prof. Dr. Klaus Herbers
Department Geschichte
Abteilung: Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters, FAU Erlangen-Nürnberg, Kochstr. 4 BK 9, 91054 Erlangen
klaus.herbers@fau.de
Matthias Simperl
Lst. für Kirchengeschichte, Universitätsstraße 10, D-86159 Augsburg
matthias.simperl@kthf.uni-augsburg.de
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